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 Wir 
haben gehört, dass Du ursprünglich einen anderen beruflichen Werdegang vor Augen 
hattest Jörg:   Ja, 
denn obwohl ich 1979 im Alter von 11 Jahren das erste Mal mit Pferden in Kontakt 
kam erlernte ich den Beruf des Bäckers. Während und nach meiner Lehrzeit verdiente 
ich mir nur nebenbei mit der Reiterei ein Zubrot.   Gab 
es durch Deine Eltern oder Deine Familie eine erbliche Vorbelastung im Hinblick 
auf die Liebe zu den Pferden?  Nein, 
keineswegs.   Du 
hast Dich stets bemüht tiefe Einblicke in die Reiterszene zu erhalten und warst 
bei verschiedenen, zum Teil auch namhaften Reitern und Betrieben. Welche haben 
die tiefsten Spuren hinterlassen?  Natürlich 
meine Zeit bei Hugo Simon in Weisenheim am Sand, ca. 10 km entfernt von eurem 
Leuchtfeuerhof in Ludwigshafen Ruchheim und auch jene auf dem Hofgut Adamstal 
bei Wiesbaden.   Mittlerweile 
betreibst Du mit Deiner Frau Evi selbst einen Reitbetrieb inklusive Pensionsstall?  Ja, 
wir leben und arbeiten auf dem Gestüt Knapendorfer Hof in der Nähe von Limburg. 
Der Betrieb, der gerade umstrukturiert wird verfügt über eine Reithalle, Außenplätze, 
eine Führanlage, Weiden und bietet neben dem angeschlossenem Verein Pensionspferdehaltung 
und die Erteilung von Reitunterricht.     Die 
meisten Reiter der Szene kennen Dich jedoch in erster Linie als Turnierrichter. 
Seit wann führst Du diese Tätigkeit aus?  Seit 
nunmehr rund 8 Jahren.   Für 
welche Verbände richtest Du?  Für 
die NRHA, die EWU und die FEI.  (Anmerkung der Redaktion NRHA = National Reining Horse Association, 
EWU = Erste Westernreiter Union, FEI = International Federation of Equestrian 
Sports)    Welche 
Veranstaltungen würdest Du für Dich als Richter als die bisherigen Höhepunkte 
benennen?  Zum 
einen das Richten der Deutschen Meisterschaften der EWU/ FN und die der World 
Reining Trophy / NRHA.   Welche 
persönlichen Ziele verbindest Du mit Deiner Tätigkeit als Richter? Auch 
wenn es sich etwas einfach oder gar „platt“ anhört sehe ich als Ziel meiner Arbeit 
die Welt der Pferde im Sport zu verbessern.  Im 
Rahmen Deiner richterlichern Tätigkeit bist Du vor allem im Westernreitsport aktiv. 
Doch kann weder Hugo Simon, noch das Gestüt Adamstal der Auslöser dafür gewesen 
sein,   nein 
das kam erst viel später als mich eine Freundin, die zwei American Quarterhorse 
besaß, mich auf einen Ausritt einlud. Der Wunsch nach entspannenden Geländeritten 
brachte mich daher zur Westernreitweise.   Empfindest 
Du diesen Weg als typisch? Ob 
er als typisch bezeichnet werden kann weiß ich nicht. Ich kann mir aber vorstellen, 
dass die meisten erwachsenen Reiter – und solche die es werden möchten – mit dem 
Westernreiten diese Assoziation nach Freiheit und Zwanglosigkeit verbinden.    Vom 
Gefühl einmal abgesehen, welche generellen Unterschiede siehst Du aus fachlicher 
Sicht zwischen klassischer und Westernreitweise? In 
den Zielen des Reiters, von der Disziplin abgesehen ist der klassisch orientierte 
Reiter eher auf der Suche nach dem Gleichgewicht der Pferd-/Reiterkombination 
und im Endziel der hohen Versammlung. Der Westernreiter legt mehr Augenmerk auf 
die Ausbildung des Tieres als Ranch-, hierzulande als Geländereitpferd. Für 
beide Reitweisen wünsche ich mir zukünftig wieder mehr Sinn für das Wesentliche, 
nichts gegen ein hübsches Outfit des Reiters, aber das Endziel der Reiterei sollte 
Perfektion, Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen. Meine Frau hat mich vor kurzem 
mit einem Besuch der Wiener Hofreitschule überrascht. In der sogenannten Morgenarbeit, 
zu der abseits der Showvorführungen eingeladen wird habe ich diese unaufgeregte 
Ruhe gerade wieder bestaunen dürfen. Davon wünsche ich mir - zum Wohl der Pferde 
- mehr in der Reiterszene.   Kehren 
wir noch einmal speziell zur Westernreitweise zurück, welche Chancen und positiven 
Entwicklungsmöglichkeiten siehst Du im Hinblick auf diese Art der Reiterei?  Wenn 
wir es schaffen das positive Gefühl, welches sich mit dieser Reitweise verbindet, 
mit einer Ausbildung im Hinblick auf die Langelebigkeit des Pferdes zu verknüpfen 
wird sich auch diese Sparte der Reiterei einen dauerhaften Platz bei uns erobern. 
Manchmal erfordert es jedoch Mut eine eigene Philosophie zu erarbeiten.   Kannst 
Du das näher erläutern?  Das 
der Westernreitsport in Deutschland durchaus eine eigene Philosophie losgelöst 
vom Mutterland Amerika leisten darf und soll. Der Schritt dreijährigen Pferden 
die Teilnahme an Turnieren der EWU zu verweigern geht hierbei in die richtige 
Richtung.   Welche 
Gefahren gilt es Deiner Meinung nach für die Szene zu erkennen und zu umschiffen? 
  Der 
Blick über den Tellerrand ist unabdingbar. Wir dürfen die Augen nicht vor der 
öffentlichen Meinung verschließen, vor allem nicht vor derjenigen der anderen 
Reiter. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass auf den Abreiteplätzen unserer der 
Turniere mehr Augenmerk auf den Umgang des Menschen untereinander im Allgemeinen 
und mit dem Tier Im Besonderen gelegt wird. Ansonsten laufen wir Gefahr diesen 
Sport in ein Licht getaucht zu sehen, wo er nicht hingehört und ein weiteres Publizieren 
dieser Sportart wird unnötig erschwert. Ansonsten ist es, wie immer im Leben, 
wichtig sich weiterzuentwickeln und sich nicht auf hohen Teilnehmerzahlen der 
Turniere auszuruhen, während die Publikumswirksamkeit nicht mehr die Magnetwirkung 
besitzt, die sie haben könnte.  Auf 
welchem Stand siehst Du die Pferdezucht, die uns die Grundlage zur Ausübung des 
Sportes oder auch Auslebung des oben beschriebenen Lebensgefühles erlaubt?  Wir 
erleben heute ein sehr hohes Niveau der Zuchtbemühungen in fast allen Disziplinen. 
Leider werden vielfach die Möglichkeiten der Gymnastizierung durch das Reitens 
unterschätzt. Kleinere Exterieurschwächen könnten bei richtiger Ausführung oft 
leicht ausgeglichen werden.  
 
   Auf 
welchen Grundlagen hast Du Dir Dein Wissen rund ums Pferd gebildet. Wir wissen, 
dass einer Deiner provokanten Leitsätze „Ein Leben sei nicht genug um reiten zu 
lernen“ lautet. Wo liegen Deine Wurzeln?  Mein 
Wissen wächst nach wie vor, nicht selten muss ich erkennen, dass eine als sicher 
angenommene Erkenntnis neu überdacht werden muss. Auch vom Stadium des Perfekten 
Reitens bin ebenso weit entfernt wie viele andere. Dennoch, neben der Literatur 
ist „mein“ Reitlehrer Gerhard Weiß aus Wiesbaden nach wie vor prägend für mich. 
Seine 78 Lebensjahre stellen für mich eine stete Quelle für Rat und Tat dar. Einer 
seiner Leitsätze, der mir stets präsent sind lautet: Jeder Reaktion des Pferdes 
geht eine Aktion des Reiters voraus. Kurzum, man lernt eben nie aus.   Du 
hast Literatur erwähnt, welche Bücher sollte ein Reiter Deiner Meinung nach  unbedingt gelesen haben?  Da 
fallen mir aus dem Stegreif zwei Werke ein, das „Gymnasium des Pferdes“ zum einen 
und „Finger in der Wunde“ zum anderen.
 
   Ein 
Buch gibt es von Dir zwar noch nicht, aber Du trittst wie hier bei uns auf dem 
Leuchtfeuerhof, mit Deinen Seminaren zum Thema „Funktionelle Anatomie“ in Erscheinung. 
Gab es dazu einen besonderen Anlass, eine Initialzündung?  Ja 
die gab es in Form des Pferdes meiner Frau Eva, der siebenjährig lahmte ohne das 
nach einer Odyssee zu verschiedenen Tierärzten eine schlüssige Diagnose zustande 
kam. Das Pferd lief zuvor bis ins Derby-Finale der NRHA – bis es undifferenzierte 
Lahmheiten zeigte. Nach einer abendlichen Diskussion unter Freunden verband ich 
die Leitsätze der klassischen Reitweise mit dem, was das Pferd unter dem Sattel 
eben nicht zeigte. Wir begannen das Pferd in Anlehnung an diese Art der Reiterei 
zu arbeiten, die Lahmheit ist bis zum heutigen Tag verschwunden.  Ich 
stellte fest, dass viele Reiter mit den Zusammenhängen des Körperbaus eines Pferdes 
im Hinblick auf die geforderten Lektionen überfordert waren wie ich zu Beginn. 
Glücklicherweise ist das Interesse daran aber da, so kam ich zu diesen Seminaren, 
den ich wie hier bei Euch wieder aus einem theoretische und einem praktischen 
Teil zusammensetze.    Was 
soll der Teilnehmer aus diesem Zweitageskurs mitnehmen?  Er 
soll eine Vorstellung physiologischer Zusammenhänge zwischen der Muskulatur und 
dem allgemeinen Körperbau erhalten und diese in Verbindung mit der geforderten 
Lektion bringen. Er soll sich die Ausbildungsskala in Erinnerung rufen und einen 
Denkanstoß zur Weiterbildung erhalten. Letztendlich wünsche ich mir mehr Verständnis 
für das Tier, mehr Respekt vor dem Lebewesen Pferd.   Wir 
haben uns die ganze Zeit über Reiter mit Erfahrungen in diesem Bereich unterhalten, 
was würdest Du denen empfehlen die das Reiten erst noch lernen möchten?  Sie 
sollen sich einen kompetenten Partner, einen  Verein 
oder Reitbetrieb wenden, der sie fördernd, aber auch fordernd an das Pferd und 
die Zusammenhänge heranführt. Wichtigster Leitsatz für den Lernenden sollte das 
Motiv „Ich habe Zeit“ sein. Vertrauensvoller Umgang ist Voraussetzung und erlaubt 
es Höhen und Tiefen gemeinsam zu meistern. Langfristige Stärkung erfährt nur wer 
sich Problemen stellt und nicht einfach den Partner wechselt.   Wie 
findet der am Pferd interessierte Mensch einen solchen starken und leistungsfähigen 
Partner?  Indem 
er sich bei Gleichgesinnten umhört beispielsweise, denn Mundpropaganda ist die 
beste Visitenkarte. Zusätzlich bieten sich die Kennzeichnungen der Deutschen Reiterlichen 
Vereinigung an, die einen Wegweiser darstellen.  Der 
Betrieb sollte über eine ausreichende Anzahl an Schulpferden verfügen und die 
Ausbilder sollten über menschliche und fachliche Qualitäten verfügen.
 
   Du 
hast die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) angesprochen, wie bewertest Du 
die dort angebotenen Ausbildungsgänge?  Dort 
hat sich einiges getan, die neu strukturierten Abzeichen und Lehrgänge setzen 
Schritt für Schritt Ziele und vermitteln über den Lehrinhalt die nötigen theoretischen 
und praktischen Zusammenhänge, ganz im Sinn für ein besseres Verständnis über 
das Lebewesen Pferd.   Was 
wünschst Du Dir von den Reitern in Zukunft? Dass 
ein etwas in Vergessenheit geratener, zuweilen auch falsch interpretierter Begriff, 
Respekt, wieder mehr zum Tragen kommt. Respekt im Umgang des Menschen mit dem 
Pferd, Respekt im Umgang der Menschen untereinander, denn für mich bedeutet Reiten 
nicht nur einen Sport sondern beinhaltet eine Lebensphilosophie.    Wir 
bedanken uns für das Gespräch und freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen bei 
uns auf dem Leuchtfeuerhof, Jacqueline und Frank Orth.     
Fragen? Die 20 wittelsbuerger.com-Experten helfen gerne weiter,   z.B. 
Nico Hörmann, Grischa Ludwig oder Daniel Klein für den Bereich Reining.   
Zum wittelsbuerger.com-Expertenforum 
gelangen Sie hier.
 
   
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